Niedriges Selbstbewusstsein durch Selbstabwertung

Das Problem mit dem inneren Richter

Viele Menschen suchen nach Wegen zu mehr Selbstbewusstsein. Viele von uns leiden aber auch darunter, sich im Alltag häufig unnötig abzuwerten. “Ach, ich schaffe das niemals. Ich bin zu dumm.” so, oder so ähnlich läuft ein dauerhafter Prozess in unserem Kopf ab. Es ist wie eine Stimme, die uns immer begleitet und den Wert von allem und jedem zu urteilen sucht. Je nach Erziehung und dem Verlauf der Kindheit ist diese Stimme, oder der innere Richter, wie ich ihn in Anlehnung an Miguel Ruiz nennen möchte, mal stärker und mal weniger stark ausgeprägt. Die Menschen gehen deshalb auch ganz unterschiedlich mit ihm um. Drei mir bekannte Bewältigungsstrategien möchte ich näher erläutern.

Bewältigungsstrategie eins: “Ich schaffe das!”

Ein Gesetzbuch und ein Richterhammer

Bei dieser Bewältigungsstrategie dient der innere Richter als Motivator.  Solange die Selbstabwertung als Stimme im Kopf existiert wird danach gestrebt, es ihr recht zu machen. Fehlt beispielsweise Wissen, um eine Aufgabe erfolgreich zu beenden, wird dieses Wissen gesucht, angeeignet und die Aufgabe erfüllt.

Bis zu einem gewissen Punkt kann dieser Weg durchaus förderlich sein. Zum Problem wird es wird es, wenn der innere Richter nicht zufriedenzustellen ist. Sobald eine Problematik beseitigt wurde, kommt eine neue dazu. Das wirkt sich merklich negativ auf unser Selbstbewusstsein aus.

Daneben erzeugt nicht nur die ständige Selbstabwertung Stress, auch die Wertung der Leistung unserer Mitmenschen führt zu höherem Anspruch an uns selbst. Entscheidet der Richter demnach: “Diese Frau X ist zu dick.”, gilt dieser Maßstab ab sofort auch für den eigenen Körper. Wenn “grün und blau nur die Sau schmücken”, darf diese Farbkombination auch nicht mehr getragen werden. Schließlich solle man sich zuerst “an die eigene Nase fassen.”

Dieses Bewertungen erzeugen Stress, der schnell Symptome wie Unkonzentriertheit und Anspannung hervorrufen können. Außerdem schlägt sich Dauerstress häufig auf die Verdauung nieder und kann weitere körperliche Symptome hervorrufen. Dieses ständige Gefühl, nicht gut genug zu sein führt also zu niedrigem Selbstbewusstsein und macht auf Dauer krank.

Bewältigungsstratgie zwei. Ignoranz.

Dem inneren Richter zwar zuhören, seinen Weisungen und Zielen aber nicht mehr zu folgen, ist eine weitere Bewältigungsstrategie. Wir lassen die Stimme also reden und hören ihr zu, reagieren aber nicht mehr auf sie. Im besten Fall wird die Stimme nun immer leiser, da sie nicht mehr beachtet wird. Manchmal wird die Stimme zuerst lauter, bevor sie abnimmt. Das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und möchte individuell erforscht werden. Schlussendlich wird sie aber erfahrungsgemäß bei allen leiser, je nachdem wie geduldig man diese Ignoranz durchhält.

Ignoranz kann also eine sinnvolle Strategie sein. Dies ist aber abhängig davon, wie viel Macht der innere Richter bereits in unserem Denken hat. Mit Ignoranz lässt sich die Stärke des inneren Richters recht gut prüfen.

In manchen Fällen verschafft sich der innere Richter “gewaltsam” Gehör. Auch hier sind wieder Symptome gemeint wie Unzufriedenheit, Niedergeschlagenheit, unangenehme Träume bis hin zu körperlichen Symptomen wie Kopfschmerzen, Verdauungsbeschwerden oder Hautreizungen. Der Richter wird dann als zu stark empfunden. Er lässt sich in einigen Fällen leider nicht einfach ignorieren. Hier kann ein professioneller Coach oder ein Psychotherapeut wertvolle Unterstützungsarbeit leisten. Scheuen Sie sich nicht davor, mit jemanden darüber zu sprechen und sich helfen zu lassen. Das würde keine Schwäche bedeuten, im Gegenteil, es stärkt das Selbstbewusstsein.

Beide genannten Strategien funktionieren und können bei leichten und akuten Symptomen gut helfen. Es gibt jedoch eine Möglichkeit der Persönlichkeitsentwicklung, die deutlich nachhaltiger wirkt und dabei das Selbstbewusstsein stärkt.

Bewältigungsstrategie drei. Das Gesetzbuch umschreiben.

Wie ein echter Richter an einem Gericht muss sich auch unserer innerer Richter nach einem Gesetzbuch richten. Das wirft die Frage auf, wer unser inneres Gesetzbuch eigentlich geschrieben hat. Bei uns waren das meist die Eltern, Lehrer und das autoritäre, kindliche und jugendliche Umfeld. Später können auch Partner, Freunde oder Vorgesetzte an unseren persönlichen Gesetzestexten beteiligt gewesen sein. “Die Jacke steht dir nicht. Die neue Haarfarbe ist zu hell. Dies und das tut man nicht….” und so weiter.

Doch warum beugen wir uns eigentlich einem Gesetzbuch, dass wir weder geschrieben noch in unserem Sinne bewertet haben? Warum erkennen wir diese Gesetze an?

Die nachhaltigste Variante ist, das Gesetzbuch nach und nach zu prüfen und alles umzuschreiben, das uns nicht gefällt. Dazu brauchen wir auch ein wenig von Variante zwei, der Ignoranz. Unser innerer Richter muss die neuen Gesetzestexte nämlich erst lernen, um bei diesem Bild zu bleiben. Solange müssen wir die alten Urteile ignorieren.

Der Unterschied ist jedoch, dass wir nun neue Gesetze erlassen haben, mit denen sich unser inneres Beurteilungssystem beschäftigen muss. Das ist gut, denn der innere Richter muss etwas zu tun haben. Ihm ist auf lange Sicht ziemlich egal, wonach er sich richtet. Versäumen wir es, neue Gesetze zu erlassen, werden wieder Gesetze aus unserem Umfeld übernommen und wir haben nichts gewonnen.

Wir müssen also ein eigenes Gesetzbuch schreiben. Diese Strategie ist die langwierigste, doch gleichzeitig auch die nachhaltigste. Stellen sie sich einen inneren Richter vor, nachdem sie sich zwar richten müssen, der aber ihrem eigenen, ganz persönlichen Gesetzbuch folgt. Damit wird der innere Richter vom Erzfeind zum Partner. Er unterstützt sie nun bei der Umsetzung ihrer eigenen Gesetze. Ein Beispiel:

Eine Tasse Kaffee und ein Notizblock mit Stift

Nehmen wir an, in ihrem inneren Gesetzbuch stand bisher, dass sie jeden Morgen reichhaltig frühstücken müssen. Nun stehen sie aber vor dem Problem, dass sie morgens kaum etwas runterbekommen. Sie quälen sich also Tag für Tag jeden Morgen ein Frühstück in den Körper, um dem inneren Richter Folge zu leisten. Schließlich ist das Frühstück die “wichtigste Mahlzeit des Tages”.

Schritt eins wäre in diesem Beispiel nun das Ignorieren des Gesetzes. Der innere Richter wird toben! Die angedrohte “Strafe” könnte Energiemangel am Vormittag sein. Außerdem macht sich Unzufriedenheit breit, die sich über den ganzen Tag zieht. Sie machen sich Vorwürfe, es wieder nicht geschafft zu haben, dem inneren Richter zu folgen. Ihr Selbstbewusstsein sinkt. Das ist die bereits erwähnte Gefahr in Strategie zwei, der Ignoranz. Nun kommt der “Zusatzartikel” aus Strategie drei ins Spiel.

Sie schreiben ein neues Gesetz, dass sich nach ihren Erfahrungen richtet. In einem Punkt hat der innere Richter recht. Sie brauchen Nahrung um Leistung zu bringen. Doch sie entscheiden mit ihrem Körpergefühl, wann ihnen nach Nahrungsaufnahme ist. Vielleicht ist es wesentlich förderlicher, das erste Frühstück erst zur Frühstückspause um zehn Uhr zu sich zu nehmen. Nachdem sie verschiedene Varianten ausprobiert haben, “schreiben” sie die ihnen entsprechende in das innere Gesetzbuch. “Ich muss nicht um sieben Uhr frühstücken, wenn ich um diese Zeit keinen Appetit habe. Meine Frühstück esse ich um 10 Uhr zur Frühstückspause.”

Werden sie nun am kommenden Morgen wach, wird ihr Richter sich zuerst nach dem alten Gesetzbuch richten. Innere Richter sind träge. Doch sie begegnen ihm nun mit der neuen Passage in ihrem Gesetzbuch: “Ich muss nicht um sieben Uhr frühstücken, wenn ich um diese Zeit keinen Appetit habe. Mein Frühstück esse ich um 10 Uhr zur Frühstückspause.” – “Lieber Richter, danke für deinen Hinweis. Bitte melde Dich um zehn Uhr wieder bei mir.” Unter Umständen wird der Richter die neuen Gesetze anzweifeln. Doch wo kommen wir denn da hin, wenn Richter die Gesetze diktieren? Verweisen sie auf ihre neuen und gut überlegten Regeln und befolgen sie diese. Ignorieren sie alte Verhaltensmuster.

Es braucht etwas Geduld, alte Gesetze umzuschreiben. Es hat schließlich auch Jahre gedauert, das alte Gesetzbuch zu schreiben. Die Neuauflage braucht ihre Zeit. Doch sie führt in ein glücklicheres Leben. Sie folgen mit dieser Strategie dem Rat des Philosophen Friedrich Nietsche, der einst sagte: “Werde, der du bist!” Aber wir wird man, wer man ist? Kurz geantwortet: Sie können dann am besten sie selbst sein, wenn sie nicht mehr tun, was für sie keinen Sinn ergibt.

Fazit – Neue Gesetze, weniger Selbstabwertung, mehr Selbstbewusstsein!

Der innere Richter will im Grunde nur das Beste für Sie. Er ist Freund und Partner. Ist das Gesetzbuch allerdings mittelalterlich geprägt, bedarf es dringend einer Aktualisierung. Löschen sie alte Regeln, aber schrieben sie unbedingt neue, eigene Gesetze!. Nutzen Sie die Kraft des inneren Richters zu ihrem Vorteil! Ein gut aufgestelltes inneres Beurteilungssystem und ein individueller und ganz persönlicher moralischer Kompass stärken das Selbstbewusstsein nachhaltig.

Wenn sie Hilfe bei der Gestaltung ihres inneren Gesetzbuches brauchen, melden sie sich gern bei mir. Ich unterstütze sie bei diesem Prozess.

Buchempfehlung zum Thema:

Titel: Die vier Versprechen
Autor/en: Don Miguel Ruiz, Miguel Ruiz 
ISBN: 3548745601 
EAN: 9783548745602 
Ein Weisheitsbuch der Tolteken. 
Originaltitel: The Four Agreements. 
‘Ullstein Taschenbuch’. ‘Allegria’. 
Übersetzt von Angelika Hansen 
Ullstein Taschenbuchvlg. 

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert