Unser Denken ist eine großartige “Problemlösungsmaschine”. Komplexe Aufgaben lösen wir mittels Gedanken. Das beginnt bei den einfachen Dingen des Alltags wie Garten- oder Hausarbeit und endet vielleicht bei komplexen, wissenschaftlichen Formeln. Hier gehört das Denken hin. Richtig angewandt, brachte es den Menschen bis auf den Mond und vielleicht bald noch darüber hinaus.
Unsere Denkstruktur setzt einen Istzustand und ein gewünschtes Resultat voraus. Also zum Beispiel den Istzustand auf der Erde, mit der Gravitation, der Trägheit der Körper, etc. und das gewünschte Resultat, beispielsweise der erste Schritt auf dem Mars. Mittels Gedanken können nun Lösungen gefunden und nach voraussichtlichem Erfolgspotential bewertet werden. Die vielversprechendste Variante wird umgesetzt und ausprobiert. Das kennen wir.
Nachdem das Denken uns evolutionär grandiose Erfolge in der effektiven Nahrungsbeschaffung und später in der wissenschaftlichen Weiterentwicklung ermöglichte, sollte das Denken ab ca. 500 v. Chr. auch gesellschaftliche und psychologische Probleme lösen. Etwas, das so erfolgreich ist sollte doch auch dafür geeignet sein. Ist es das? Lassen Sie es uns gemeinsam herausfinden!
Was sind Gedanken?
Gedanken basieren auf Wissen, nicht wahr? Prüfen Sie das bitte einmal für sich, wie alles was Sie von mir lesen und hören. Können Sie etwas denken, das Sie nicht wissen?
Da gibt es zum Beispiel unsere Vermutungen, von denen wir nicht wissen ob Sie sich bewahrheiten werden. Diese Vermutungen basieren auf Erfahrungen. Erfahrungen sind auch Wissen. Alles was wir bisher erlebt und gelernt haben, ist die Grundlage für unsere Gedanken. Ohne Erfahrungen und Wissen gäbe es also keine Gedanken. Es geht nicht darum, ob Sie mir das Glauben oder nicht. Es geht darum, dahinter zu kommen. Prüfen Sie bitte meine Worte und widersprechen Sie mir bei Bedarf!
Wenn Erfahrungen also die Grundlage unseres Denkens sind, sollten wir uns nun einen Moment mit den Erfahrungen beschäftigen.
Erfahrungen sind immer alt.
Sind wir uns bei der Überschrift einig? Jedes Erlebnis wird zur Erfahrung. In dem Moment, indem Sie begreifen was gerade geschehen ist, ist dieses Erlebnis schon eine Erfahrung. Jetzt gerade machen Sie eine Erfahrung mit diesem Artikel und mit mir. Sie werden diese Erfahrungen vielleicht abrufen, sollten Sie mir einmal begegnen. Dieser Artikel und Ihre Empfindungen beim Lesen werden dann in das Bild einfließen, das Sie von mir haben. Entsprechend werden Sie mir begegnen.
Die Bilder, die wir Schubladen nennen.
Wir Menschen arbeiten mit Bildern. Man nennt sie auch abfällig “Schubladen”. Wir stecken alles was uns begegnet in eine Schublade. Wir wollen es einordnen. Es ist viel einfacher für verschiedene Bilder eine übergreifende Reaktion, Zu- oder Abneigung zu haben, als für jeden Menschen individuell zu entscheiden. So entstehen Bilder wie zum Beispiel: “der Hartz4-Empfänger” oder “der Beamte”. Die Gefahr dabei: Begegnet uns ein Beamter, der uns sehr unsympathisch ist, werden es auch andere Beamte in Zukunft schwer bei uns haben. Diese übergreifende Wertung kann sowohl positiv als auch negativ sein.
Die beschriebenen Bilder sind immer alt. Sie basieren auf Erfahrungen von gestern. Wir wissen zum Beispiel, dass jemand den wir kennen lernen, Beamter ist und unsere Gedanken geben uns aufgrund unserer Erfahrungen ein Bild von ihm vor. Jetzt prüfen wir nur noch, wo unsere Begegnung Gemeinsamkeiten mit unserem Bild hat. Verstehen Sie? Wir begegnen dem Menschen gar nicht. Wir begegnen nur dem Bild in unserem Kopf. Unser Gegenüber dient lediglich dazu, dieses Bild zu bestätigen oder zu verwerfen. Wir nehmen die Situation also nicht bewusst und im Moment war. Stattdessen kramen wir in unserem Gedächtnis nach Bildern, bis wir ein möglichst passendes gefunden haben. Dieses zeigt uns dann, wie wir mit unserem gegenüber erfahrungsgemäß umgehen sollten.
Beispiele: Die ältere Dame im Bus, die uns vielleicht an unsere liebe Oma erinnert. Sie wird, ohne etwas getan zu haben, zur netten alten Dame. Oder erinnert sie uns eher an unsere Mathematiklehrerin aus der Grundschule? Dann wird sie es vielleicht schwerer haben. Nach diesen oder ähnlichen Punkten werden Sie entscheiden, ob Sie den Platz im Bus für die ältere Dame frei machen oder nicht. Entweder so, oder Sie haben ein noch festeres moralisches Bild im Kopf: “Für alte Damen mache ich immer einen Platz frei.” Dann ist das Bild: Es “gehört” sich so und ältere Damen wollen immer sitzen. Da fällt mir auf: …wie wurde die Frau eigentlich zur älteren Dame? Auch schon ein Bild, oder? Wir wissen doch gar nicht, wie alt sie ist. Selbst wenn, ab wann ist man eine ältere Dame? Das alles ist unklar. Trotzdem hatten Sie von dem Begriff beim Lesen gerade ein Bild, oder?
Es gibt gar keine “älteren Damen”.
Es spielt keine Rolle, welche der obigen Reaktionen Ihnen eher entspricht. Es ist nur ein Beispiel und es ist insofern egal, dass es mit der reellen Situation nichts zu tun hat. Es gibt nämlich gar keine älteren Damen. Es gibt nur diese eine Frau. Selbst diese Annahme könnte ein Irrtum sein. Und es gibt noch die Situation, in der Sie ihr begegnen. Sie kommt gerade vom Arzt oder von einem Besuch beim Enkel, das wird eventuell ihre Stimmung beeinflussen. Das alles ist uns aber ganz egal, oder? Wir beurteilen nicht die Dame, wir beurteilen jemanden, deren Bild unsere Gedanken und damit unsere Erfahrungen uns zusammengeschustert haben. Sind wir uns da einig? Können Sie das auch bei sich beobachten
Wenn dem so ist, dann begegnen wir also fast nie jemandem neu. Wir begegnen hauptsächlich den Bildern in unserem Kopf. Diese Bilder basieren auf Gedanken die unsere Erfahrungen sind. Erfahrungen sind immer Vergangenheit. Sie können nur denken, was Sie bereits zu wissen glauben. Deshalb sind Gedanken immer alt. Denken Sie mal darüber nach …
Ich freue mich über Fragen und Anregungen. Nutzen Sie dazu bitte die Kommentare oder schreiben Sie mir eine Mail.
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Übersetzt von Erich Schmidt
Lotos